Bisher nur Alibilösungen

Pressemitteilung vom 19.07.2012

Wie wir bereits vor einiger Zeit an dieser Stelle berichteten, ereigneten sich in der Makarenkostraße und speziell im Umfeld des Hörsaals „Kiste“, sowie des Islamischen Kulturzentrums mehrere rassistische Übergriffe. [1] Damals dauerte es fast einen Monat, bis die Universität Greifswald als auch die Hansestadt auf die Übergriffe reagierten und versuchten etwas zu unternehmen. Die Lösung schien ein so genannter „Runder Tisch“ mit verschiedenen Organen der Uni, Vertreter_innen der Stadt, der Polizei, sowie vereinzelten Betroffenen zu sein. Ausgeschlossen wurden hingegen neben Presse, Öffentlichkeit und professionellen Beratungsstrukturen für Opfer rechter Gewalt, auch die Betroffenen des islamischen Kulturvereins. Nichtsdestotrotz versicherten die Initiator_innen, dass es ihnen ein Anliegen sei, die Situation der betroffenen Menschen zu verbessern. [2] Vermehrtes Streifefahren durch die Polizei und die Verdoppelung des Wachschutzes vor Ort sollten Abhilfe schaffen.
Spätestens seit dem letzten Wochenende ist jedoch klar, gebracht haben diese Maßnahmen nichts. In der Nacht von Freitag auf Samstag kam es zum mittlerweile siebten Angriff auf das Islamische Kulturzentrum. Der Eierwurf, eine Tat die sich für einige harmlos anhören mag, reiht sich jedoch ein, in anhaltende Anfeindungen gegenüber dem Kulturzentrum selbst, seinen Besucher_innen, als auch anderen Menschen, die sich in der Makarenkostraße bewegen. Schweinefleisch im Briefkasten, zerbrochene Fensterscheiben, Flaschenwürfe, rassistische Beschimpfungen und Angriffe auf das angrenzende Wohnheim.
Esam Al-Ansah vom Kulturverein berichtet, dass es in den letzten Jahren immer wieder Angriffe auf ihren Verein gab, dass die Häufigkeit der Vorfälle in den letzten Monaten jedoch erschreckend zugenommen habe und sie sich von der Politik und Polizei im Stich und mit ihrer Angst alleine gelassen fühlen. [3]

Und jetzt? Erstmal zurück an den „Runden Tisch“

Nachdem die verstärkte Präsenz des Wachschutzes nicht zum erhofften Erfolg, zur Entspannung der Lage geführt hat, lädt Unirektor Westermann nun erneut zu einem Treffen ein. [4]
„Wenn man das Problem nicht in seiner Gesamtheit begreift, dann wird man auch keine Lösung finden.“ attestiert Katharina Lang, Pressesprecherin der antifaschistischen Gruppe Defiant, den Verantwortlichen von Universität und Stadt. „Es muss verstanden werden, dass diejenigen, die Nachts Steine, Flaschen und Eier auf alles werfen, was nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passt, lediglich die Spitze des Eisberges sind. Neonazis entstehen nicht im luftleeren Raum, ihre Ideologie fußt auf Einstellungen, die in der gesamten Gesellschaft anzutreffen sind“, so Lang weiter. Die eigentliche Aufgabe, der sich die Gesellschaft, die Stadt, die Universität, nicht zu letzt wir selbst uns stellen müssen, ist es rassistische Ressentiments zu hinterfragen und zu kritisieren, wo auch immer sie anzutreffen sind.
Ein Anfang wäre es, wenn Stadt und Universität beginnen würden die Thematik öffentlich anzusprechen und nicht permanent den Verdacht erregen, die Geschichte unter den Teppich kehren zu wollen. Das Darstellen der Reparatur diverser Straßenlaternen, sowie weitere bisher verfolgte Alibilösungen zeigen in unseren Augen nur allzu deutlich mit welcher Ernsthaftigkeit sich den Ängsten der Betroffenen bisher angenommen wird. [4]

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[1] https://defiantantifa.wordpress.com/2012/04/24/rassistische-ubergriffe-in-greifswald-3/
[2] http://www.links-lang.de/presse/12040.php
[3] http://www.nordkurier.de/cmlink/nordkurier/lokales/greifswald/bei-der-muslimischen-gemeinde-wachst-die-angst-1.457933
[4] http://www.links-lang.de/presse/12316.php